Es regnet und so schlafen wir eine Stunde länger.
Als wir frühstücken schaut die Sonne vorbei und beschließt länger zu bleiben. Der graue Himmel füllt sich mit immer mehr blauen Flecken und unsere Laune hebt sich deutlich. Rasch sind wir auf dem Parkplatz in Maihaugen. Fast als erste Gäste finden wir Einlass, doch direkt nach uns strömen Japaner und italienische Reisegruppen in das Besuchergebäude.
Auf die Frage am Einlass, ob wir auch das Olympiamuseum besuchen wollen, wissen wir zuerst keine Antwort. Lohnt sich der Mehrpreis? Als bekennende Sportfans zahlen wir das Tickt und um es vorweg zu nehmen: Eine sehr gute Entscheidung!
Maihaugen wurde gegründet, um die alten Lebensweisen der Nachwelt zu erhalten. Solche Parks gibt es viele, doch selten hat uns ein Park so begeistert. Fast den ganzen Tag schlenderten wir durch die Gebäude, unterhielten uns mit den Komparsen, die dort in Trachten ihrer „Arbeit“ nachgehen, manchmal nur auf die Gebäude aufpassen, manchmal echte Schauspieler sind und die Besucher mit einem kleinen Auftritt erheitern.
Gelegentlich darf man sich auch selbst verkleiden und in die alte Zeit eintauchen.
Das ganze Konzept des Parks überzeugt und daher möchten wir einen Besuch wärmstens empfehlen. Vielleicht hängt unsere sehr positive Einschätzung auch einfach nur am Wetter: Der Tag war warm, nicht heiß, die Sonne tauchte die Landschaft in ein sanftes Licht und man wurde quasi um Jahrhunderte in der Zeit zurück versetzt.
Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als wieder eine lärmende Reisegruppe um die Ecke schob. Glücklicherweise finden sich viele, sehr viele Ecken zu denen man ausweichen kann.
So konnten wir eigentlich den ganzen Tag über wandern, ohne mit Horden von Menschen uns durch die Häuser zu wälzen. Am Ende besuchten wir noch die Jahrzehnthäuser. Für jedes Jahrzehnt ein eigenes Haus, manchmal mit Besatzung in der damals üblichen „Tracht“
Richtig geschockt hat mich das Mädel im 80er Haus. Ich fand mich plötzlich wieder in meiner eigenen Jugend. Schrill und bunt und laut. Herrlich ätzend!
Am Ende noch das Dorf …
…und der Bahnhof mit dem alten Zug. An jeder Ecke ein Erlebnis.
Und ganz zum Schluss, die Stabkirche. Die war am Morgen völlig überlaufen – nun waren wir völlig alleine. Stabkirchen sammeln wir mittlerweile. Die meisten dürften wir auf unseren Reisen besucht haben. Und trotzdem ist jede ein Unikat und es freut uns, dass es sie auch nach so langer Zeit noch gibt. Wenn man bedenkt, dass sie aus Holz sind und Jahrhunderte überdauerten. Großartig.
In Maihaugen wurde die Stabkirche von Garmo wieder aufgebaut. Sie musste in ihrem Heimatort einer größeren Kirche weichen. Gut, dass vor fast 150 Jahren jemand so schlau war, die Teile zu kaufen. 1921 wurde sie dann in Maihaugen wieder aufgebaut.
Zurück im Eingangsgebäude geht es noch zur Olympia-Ausstellung. Und ja, ich war wirklich bewegt. Die Videos der Ausstellung, die Exponate, das Konzept. Lillehammer 1994 ist uns immer im Gedächtnis geblieben. Zum einen wegen der phantastischen Eröffnungsfeier. Noch immer sehen wir die Trolle und Feen und Fabelwesen aus dem Schnee aufsteigen. Und dann natürlich die norwegische Bevölkerung, die an den Schanzen und Strecken stand und feierte. Berge von Schnee, blauer Himmel und viel Sonne. Das sind die Eindrücke, die geblieben sind. Familien, die gemeinsam an der Langlaufstrecke im tiefen Schnee campierten, um ganz nah dabei zu sein.
Und nun, im Rückblick diese Bilder wieder zu sehen, war einfach nur schön. Wie die Norweger nun einmal sind, stellen sie in ihrem Museum Lillehammer nicht etwa in den Vordergrund, sondern packen es einfach mitten hinein. Bilder von vielen Olympischen Spielen wechseln sich ab. Sommer und Winter. Und eigentlich ist es auch egal. Der olympische Gedanke steht im Vordergrund. Dabei sein. Jugend der Welt – vereint.
Das Museum zeigt am Ende natürlich auch die norwegischen Erfolgsbringer. Aber das ist nicht überfrachtet. Im Gegenteil. Wir freuen uns mit einem Björndalen oder Björn Daehlie oder einer Trine Hatestatt.
Am Ende sitzen wir matt und glücklich im Wohnmobil und überlegen, wo es als nächstes hingehen soll. Natürlich zu Spungschanze, die hoch über Lillehammer drohnt. Und genauso natürlich verfahren wir uns – was sich als Segen herausstellen wird: Wir landen am Parkplatz oberhalb der Sprungschanze, sparen uns so den harten Aufstieg über 900 Stufen oder den Sessellift.
Auf der Schanze sind wir uns wieder einmal einig: Skispringer müssen einfach verrückt sein.
Wir versuchen uns auf der kleinen Schanze einmal in die Anlaufspur zu stellen. Doch es ist so steil, dass wir auch ohne Ski befürchten hinunter zu rutschen. Irre.
Ein heftiger Aufwind zeigt uns, wie gefährlich das ganze Vorhaben noch dazu ist.
Anschließend statten wir den Skicenter noch einen kurzen Besuch ab. Leider gibt es hier um diese Jahreszeit nicht viel zu sehen und wir verlassen Lillehammer, nachdem wir noch durch die Innenstadt fuhren. An der Bobbahn soll man gut die Nacht verbringen können. 8 Kilometer außerhalb von Lillehammer finden wir Ruhe auf einem Waldparkplatz und so grillen wir und sitzen noch einige Zeit in der Sonne.
Leider kommt nach unserem Abendessen ein Sicherheitsdienst und teilt uns mit, dass der Parkplatz Privatbesitz ist. Wir nehmen eher an, dass der nette Herr vom Campingplatz in einigen Kilometern Entfernung kommt und vermuten, dass er eigentlich nichts zu melden hat, aber da wir keinen Ärger wollen, trollen wir uns. Da es schon spät ist, fahren wir zurück nach Lillehammer, entsorgen noch unterwegs und bunkern Wasser an einer Tankstelle und fahren diesmal auf den Parkplatz unterhalb der Skisprungschanzen. Für 70 Kronen können wir 24 Stunden dort stehen. Das ist damit auch nächste Empfehlung: Ein traumhafter Ausblick über das Tal und Lillehammer und dafür himmlische Ruhe – und kein Stress mit irgendwelchen Privatsheriffs.
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