Norwegen 2016: Auge in Auge mit den Moschusochsen

2016-07-19_07-49-40_Norge_20160719_074940-1600Am Morgen fahren wir zum Kongsvold Kro um uns dem Guide für die Moschusochsen-Safari anzuschließen. 400 Kronen kostet das pro Person. Nadja bleibt nach der Wanderung am gestrigen Tag lieber im Wohnmobil. Und als der Guide, der nette Besitzer des nahegelegenen Campingplatzes, uns eröffnet, dass die Moschusochsen derzeit weit gewandert sind und wir uns auf 20 Kilometer Fußmarsch einstellen müssen, sieht man in einigen Gesichtern der anderen Gäste nicht gerade Begeisterung. Das Thermometer hat am Morgen in der Höhe unseres Übernachtungsplatzes 8 Grad gezeigt. Alle wollen trotzdem mit, aber 1/3 wird es am Ende nicht schaffen. Denn als es am ersten großen Parkplatz am Dovrefjell los geht, startet  der Guide mit einem Laufschritt, der zeigt, dass er solche Strecken oft überwindet. Der Mann ist drahtig und gestählt und so geht es rasch in die Berge.

Nach einigen Kilometern müssen wir das erste Mal warten, damit die Gruppe wieder zusammen finden kann. Bei etwas über 10 Grad tut das schnelle Wandern gut. Man kommt zwar ins Schwitzen, aber bei den langen Wartepausen kühlt man rasch aus. Dazu kommt ein kalter Wind aus Nordost.

Nach etwa 6 Kilometer weist uns der Guide auf einige dunkle Punkte auf einem Schneefeld am noch weit entfernt liegenden Berg hin. Und tatsächlich. Die dunklen Steine bewegen sich: Moschusochsen. Nun haben wir ein Ziel.

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Den armen Viechern ist es bei 10 Grad einfach schon zu warm und so suchen sie immer wieder Abkühlung im Schnee. Der Wanderweg ist typisch norwegisch. Viele Steine, uneben, Bäche, Sümpfe, tiefe Rinnen. Irgendwann muss der Guide die Gruppe aufteilen, denn einige der Mitwanderer sind so langsam, dass der schnellere Teil der Gruppe nicht mehr bereit ist zu warten. Er erläutert uns den Weg und wir wandern alleine weiter. Unterhalb des Schneefeldes müssen wir den Weg verlassen und durch Sumpf den steilen Hang hinauf. Eine andere Gruppe war schon in der Nähe des unteren Moschusochsen und zieht sich nun zurück. Als wir ankommen, geht ein norwegisches Pärchen sehr nach an den Ochsen heran und schießt mit dem Handy Fotos. Der Rest der Gruppe hat noch gar nicht aufgeschlossen und offenbar ist es den beiden egal, dass der Moschusochse sich gestört fühlt und weiter den Hang hinauf wandert – noch weiter von der Gruppe weg. Erst als der Guide uns wieder erreicht (der Junge ist echt fix) und sie zurück pfeift, haben wir eine Chance das Tier aus der Nähe zu fotografieren.

Mit einer Familie aus Österreich tausche ich die Objektive (400mm – 560mm)  aus und bekomme doch noch ein paar nette Bilder. Schade, dass wir nicht näher als 200 Meter herankommen. Aber oberstes Ziel ist, die Moschusochsen nicht zu stören.

In den 30er Jahren des 20ten Jahrhunderts wurden hier schon einmal Moschusochsen angesiedelt, im Krieg aber abgeschossen. Ein weiterer Versuch dann in den 60ern. Aus Grönland wurden die Tiere eingeflogen und seit dem vermehren sie sich. Wobei es ihnen, laut unserem Guide, im Sommer viel zu warm ist. Da sie nicht hecheln oder schwitzen und immer ihr extrem warmes Fell tragen, ist das für die Tiere gefährlich. Er reicht ein Fellbüschel herum und dieser ist extrem weich und zart.
Zwar seien die Moschusochsen eher wie Schafe, friedlich und nicht aggressiv. Aber wenn sie in der Brunft aufeinander losgehen, ist der Krach, den die zusammenprallenden Köpfe verursachen, kilometerweit zu hören. Ein Schlag, wie wenn zwei Autos aufeinanderprallen. Denn die Tiere können Spitzengeschwindigkeiten von 60 km/h erreichen und wiegen bis 400 kg. Mittlerweile leben über 300 Tiere im Nationalpark Dovrefjell. Auf dem Rückweg treffen wir wieder auf die erste Gruppe und einen Asiaten, der unserer Gruppe nicht mehr folgen konnte und wohl ein wenig am Gebirgsbach herumwanderte.

Moschusochse Dovrefjell - Wer findet den Moschusochse
Moschusochse Dovrefjell – Wer findet den Moschusochse

Und offenbar hat der ältere Mann es besser gemacht, als wir: Direkt am Flüsschen steht ein ausgewachsener Moschusochse. Den ganzen härtesten Teil des Weges hätten wir uns sparen können. Erstaunlich, der Moschusochse liegt im kühlen Bachbett an einen Strauch gelehnt und schläft offenbar.
Wir stehen mit einer Gruppe von 20 Menschen auf der gegenüberliegenden Flußseite und beobachten gespannt, was sich tut.
Als dann der Moschusochse aufwacht und sich erhebt, schießen die Anwesenden haufenweise Bilder. Nach wenigen Minuten gehen die ersten, nach 10 Minuten sind Inga und ich alleine.

Moschusochse Dovrefjell
Moschusochse Dovrefjell

Unser Norwegischer Guide verabschiedet sich noch. Ein wirklich netter Kerl. Halb Norweger, halb Deutscher, seine Familie kommt aus Itzehohe, er meint von sich selbst, er sei 60% Deutscher – in Deutschland bei den Verwandten sieht man ihn als 60%igen Norweger. So erklärt er alles in Norwegisch, Deutsch, Englisch, Schwedisch und wechselt dabei fließend und trotzdem versteht jeder eigentlich alles.

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Moschusochse Dovrefjell

So stehen wir plötzlich allein am Flußufer und beobachten „unseren“ Moschusochsen. Wir wissen, wir dürfen nur auf 200 Meter heran und um es klar zu sagen: Näher wollen wir gar nicht – Schließlich ist der Moschusochse dreimal so schnell, wie wir und es gibt keinerlei Möglichkeiten sich zu verstecken. Kein Baum, kein Felsblock. Also auf Abstand bleiben und genießen.
Der Moschusochse grast friedlich auf einer kleinen Insel im Fluss, der aber so flach ist, dass er schnell bei uns sein kann. Er kommt uns näher und so kann ich einige formatfüllende Bilder schießen. Irgendwann schaut er mir direkt in die Linse und ich habe den Eindruck, seine Augen sagen: „Jetzt langt es langsam“.

Still und leise ziehen wir uns zurück und sind natürlich froh und glücklich.
Fünf, sechs Kilometer müssen wir noch wandern, dann genießen wir im Wohnmobil einen Kaffee und schauen uns in Ruhe die vielen gelungenen Bilder an: Ein tolles Erlebnis!
Ein bisschen kommen wir uns wie Naturfilmer Andreas Kieling vor 🙂

Die Nacht verbringen wir am leeren Skicenter Bjorli.

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