Nach dem Frühstück stehen die sieben Schwestern auf dem Programm. Entgegen der Wetterprognose ist es sonnig und warm, wir packen vorsichtshalber auch Regenjacken ein. Mit dem Kajak braucht man als Geübter 45 Minuten vom Campingplatz bis zu den Wasserfällen. Wenn man sich mehr Zeit gönnt, eineinhalb Stunden. Ungeübte – und davon gibt hier dank der verschiedenen Verleihstationen einige– brauchen auch mal zwei Stunden. Und noch einmal zwei Stunden für den Heimweg. Kleiner Tipp: Achten sie darauf von wo der Wind kommt. Mit dem Wind versuchen sie viel Wind ab zu bekommen (Ein Schirm hilft bei Rückenwind mächtig!). Haben sie Gegenwind, fahren sie möglichst nah am Rand und suchen sich die windgeschützte Seite aus. Ansonsten kann so eine Tour schnell zur Tortur werden!
In den letzten Jahren war es daher meist günstiger in Richtung sieben Schwestern auf der linken Seite zu bleiben und erst am großen Wasserfall frontal auf die Sieben Schwestern zu zu fahren. Dabei hat man auch den schönsten Anblick. Nicht nervös werden, wenn eine Fähre, ein Ausflugsschiff oder ein Kreuzfahrer kommt. Die sind alle recht langsam unterwegs und man hat genügend Zeit aus der Linie zu paddeln.
Gut gerüstet kommen wir an den Wasserfällen an und in diesem Jahr sichern wir uns ein Plätzchen direkt unter Schwester 3. Zwei Picknickdecken, Sonnencreme, Mückenspray, genug Wasser und ein kleiner Imbiss. Dazu eine herrlich Aussicht, nur die vielen Boote stören. Ok, wir stören bestimmt auch. Jetzt haben die sieben Schwestern einen roten und gelben Punkt bekommen. Später erzählt uns ein Ausflügler, dass dem Betrachter erst so die ganze Dimension bewusst wird. Ohne Menschen am Wandfuß kann man die Höhe überhaupt nicht einschätzen.
Nach einem Mittagsschläfchen paddeln wir zurück.
Nadja und Inga bleiben am Campingplatz zurück, denn für diese Nacht steht quasi mein Vatertag an: Mit dem Kajak will ich den Fjord entlang paddeln, bis ich einen Platz für ein kleines Zelt gefunden habe und dann die Nacht im Freien verbringen.
Quasi ein echtes Männer-Abenteuer
Nach 45 Minuten bin ich wieder an den sieben Schwestern vorbei, doch die drei Stunden Paddelei am Mittag spüre ich nun doch in den Knochen. Nach zwei Stunden werde ich unruhig, die Hänge rechts und links des Fjords sind so schroff, dass es keinerlei Möglichkeit gibt ein Zelt, und sei es noch so klein, aufzustellen. Mittlerweile bin ich fast bei der Hälfte des Fjords angekommen und die Sonne steht schon tief, als ich auf der rechten Seite einen Felsen sehe, dessen Oberseite fast waagrecht abgeflacht ist.
Dahinter ist es steil und ein paar Bäume stehen am Wandfuß, aber der Fels wäre ausreichend groß für mein kleines Zelt.
Ich räume viele Steinchen weg, stelle das Zelt auf und da keine Chance besteht Erdnägel oder Heringe einzuschlagen, sichere ich alle Leinen mit dicken Felsbrocken, die überall herum liegen.
So sitze ich in der Abendsonne, esse die wenigen Sachen, die ich mitgenommen habe und genieße die unglaubliche Stille.
Und entgegen meiner Vorstellung, einmal Zeit zu finden, um über alles Mögliche nachzudenken, stellt sich einfach Ruhe ein. Kein Gedanke ist mir wichtig. Der Fjord, die Sonne, die Wolken. Den Wellen beim kräuseln zusehen. Nichts denken.
Dann schwimmt auch noch tatsächlich ein Otter vorbei. Ich sitze auf meinem Felsbrocken und bin ganz ganz still. Ein Otter in freier Natur. Leider bleibt er nicht, sondern zieht seiner Wege und ich kann ihn auch nicht fotografieren. Der Zauber bleibt.
Zumindest bis es in unmittelbarer Nähe zu donnern beginnt. Rasch suche ich noch mehr Steine zusammen. Einen heftigen Wind würde mein Zelt nicht überdaueren. Kaum bin ich fertig, beginnt schon einer dieser heftigen Norwegischen Regenfälle. Es prasselt wild auf mein Zeltdach. Doch es kommt kein Wind auf. Der Fjord hält den Wind vielleicht ab. Nach einer Stunde schlafe ich wohl ein. Das Zelt ist dicht, das Wasser sammelt sich auch nicht unter mir. Tun kann ich eh nichts mehr. Dann kann ich auch schlafen.