Michael Moll – Reise Know How Verlag
[Werbung] Ein solider Wohnmobil-Reiseführer für eines der beliebtesten Ziele Europas.
So möchte ich die Rezension zusammenfassen.
Alle wichtigen Informationen sind enthalten, etliche Details über Land und Leute und dazu noch attraktive Bilder, die Lust auf einen Urlaub machen.
Und doch gibt es auch Dinge, die mir und Nadja aufgefallen sind, die uns nicht gefallen.
Der Autor kennt sicherlich alle seine beschriebenen Routen, doch seine Art die Strecke zu beschreiben trübt den Lesegenuss: Ein Beispiel? „Auf der Straße 80 trifft man rund 60 km hinter Falun auf die kleine Ortschaft Storvik. Auf der weiteren Strecke biegt man nach rechts ab und nutzt die Straße 89, um nach Avesta zu gelangen. Wer jedoch mehr Zeit hat (…) der sollte sich die Altstadt von Gävle anschauen. Dafür bleibt man einfach auf der Straße 80 (…) Sandviken muss gar nicht durchquert werden. Einerseits lohnt es nicht, andererseits führt die Straße am Ort vorbei.“
Hä? Hallo!
Was ist denn das für eine Routenbeschreibung? In einer Zeit, wo jedermann ein
Navi hat würde der Hinweis auf attraktive Alternativrouten völlig reichen, oder
eine Warnung, wenn die normale Strecke vielleicht für das Wohnmobil nicht die geeignete
ist.
Dazu noch die Einschätzung der Orte. Ok, jeder hat eigene Interessen und wer sich für Kultur nicht interessiert oder historische Highlights nicht mag, der wird mit einem Kulturreiseführer nicht klar kommen.
Wir kennen viele der beschriebenen Orte aus eigener Anschauung und sind schon überrascht, dass wir den einen oder anderen Ort mit völlig anderen Augen gesehen haben. Auch das ist normal und das muss ich als Leser aushalten.
Dass jedoch sehenswerte Highlights des Landes keine Erwähnung finden, sollte aber nicht sein. (‚Mora hat keine speziellen oder besondere Sehenswürdigkeiten..‘)
So wird einer der größten Maler Schwedens und das das nach ihm benannte und sehenswerte Museum in Mora nicht einmal erwähnt. Das Anders Zorn Museum und besonders sein Garten und Wohnhaus sind nicht nur eine Erwähnung wert, sondern ganz sicher auch einen Besuch.
Gripsholm, nicht erst seit dem Buch von Kurt Tucholsky eine Kultstätte, wird zumindest im Buch etwas näher erwähnt – im Register sucht man es vergeblich. Wie auch viele andere Highlights nicht im Register direkt angegeben sind. Man findet sie nur durch die Stadt. Blöde, wenn man zwar den Namen der Sehenswürdigkeit kennt, aber nicht den Ort dazu.
Dass in Gripsholm eine der schönsten Innenausstellungen aller schwedischen Königshäuser zu finden ist und die Originalgemälde der Herrscher aus ganz Europa – welche alle irgendwie miteinander verwandt waren – zu sehen sind und sich alleine deswegen der Besuch mehr als lohnt, wird nur am Rande erwähnt. Dass aber auch das im Originalzustand existierende Theater mit seinen hölzernen verschiebbaren Kulissen und seiner besonderen Akustik nicht gerühmt wird ist bedauerlich.
Das bei den Schweden so beliebte Ausflugsziel „Julita Gard“, mit dem schwedischen Baum-Gen-Depot und seinen ursprünglichen Gärten, Häusern und Herrenhäusern, sowie dem „Petterson und Findus“ Haus (wir waren auf dem Weg nach Mariestadt und dem Schloss Gripsholm) findet leider auch keine Erwähnung.
Bekannte Ortschaften fehlen komplett: Gut, Schweden hat wirklich viele sehenswerte Ortschaften und es würde gar nicht gelingen jedes einzelne, und seien sie noch so schön, in einem Reiseführer zu erwähnen. Doch spätestens seit Camilla Läckberg und den Fjällbacka Krimis kennt auch in Deutschland nicht nur die Krimigemeinde das fabelhafte weiße Dorf inmitten der Schären an der Westküste.
Und wer nur ein paar Jahre zurückgeht, der entdeckt, dass Ingrid Bergmann regelmäßig dort Urlaub machte und ein eigenes Denkmal dort erhalten hat und fast noch wichtiger: Astrid Lindgrens Ronja Räubertochter spielt in der „Kungskylfta“ – einem Berg, der durch eine tiefe Kluft geteilt wird.
Dass Smören, im selben Landstrich, wird zumindest kurz erwähnt. Man könnte dann aber warnen, dass mittags Horden von Bustouristen in die Stadt einfallen und es daher gut ist, am Morgen anzureisen und auf einem der Parkplätze vor der Stadt stehend, am besten mit dem Rad zu den Sehenswürdigkeiten fährt. Oder aber ganz durch die Stadt fahren, um am anderen Ende einen der oft freien Wohnmobil-Stellplätze zu ergattern. Zwar muss man dann seine Gebühren per App bezahlen, aber die Schweden, die auch dort standen, waren gerne bereit, das für uns zu tun, da wir die schwedische App nicht verstanden.
Das der Autor Schweden liebt, findet sich hingegen in allen
Orten wieder, die ihm offenbar gut gefallen. Dann schwärmt er und nimmt sich
Zeit, auch Details zu beschreiben.
In Uppsala erfreut er mit einem Bericht über die Kirchen, das Schloss, das
anatomische Theater, den botanischen Garten. Für seine Verhältnisse regelrecht
ausufernd.
Aber dann kommt der Schlusssatz und der verschlägt uns die Sprache: „Der
Linnetradgarden von Carl von Linne zeigt zwar Pflanzen, die ebenso angelegt
wurden wie im lennéschen System, doch er sieht selbst im Sommer recht
trostlos aus.“
Hätte der Autor sich einmal um das Leben und Wirken Linnés bemüht,
wüsste er, warum der Garten so aussieht. Es ist kein Showroom mit leuchtenden
Farben, sondern eine wissenschaftliche Wirkungsstädte eines der größten Genies
seiner Zeit! In Schweden, ja in ganz Europa gab es zu Lebenszeit Linnés kaum
einen Wissenschaftler, der die Grundlagen für unser modernes Streben und Suchen
so maßgeblich beeinflusst hat.
Zudem war er in Uppsala, ja in ganz Schweden eine herausragende Persönlichkeit.
(Auch sein Garten der Jugendjahre in der Nähe von Älmhult ist ein Besuch wert).
Und um es ganz deutlich zu sagen: Uppsala und seine Universität wären ohne Linné
heute nicht so bekannt.
Genug Kritik, denn nicht jedermann interessiert sich für Kultur oder historische Begebenheiten.
Das Buch zeigt Schweden aus der Sicht des Wohnmobilisten.
Die Routenauswahl ist wohl durchdacht und die Beschreibungen sind eine gute
Grundlage, um die eigenen Reiseplanungen zu konkretisieren.
In Verbindung mit einem reinen Reiseführer findet man sicher die richtige Route
und die ganz persönlichen Highlights.
Handwerklich solide hilft das Buch bei vielen Fragen des
Wohnmobilisten weiter. Von Entsorgung bis Fährfahrten, von Alkohol und Zoll,
Service, Notfällen und natürlich den wichtigen Informationen zum
Jedermannsrecht (das für Wohnmobile nicht gilt).
Hier punktet das Buch und hilft bei den Reisevorbereitungen erheblich!
Fazit:
Eine solide Basis für den Wohnmobilisten der Schweden erobern will.
Alle wichtigen Informationen zu Land und Leute finden sich und auch die Routenauswahl hilft bei der Planung. Einzig der Stil und die Tatsache, dass u.E. Highlights des Landes fehlen, trüben den Lesegenuss.