Speyer ist eine Reise wert.
Schon bei den Römer bekannt, später eine bedeutende freie Reichsstadt und eine der bedeutensten Städte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen.
Hier wandelt man jedem Meter auf deutscher Geschichte und wenn man sich vorstellt, wie alt manches Gebäude ist und wie sie damals wohl gebaut wurden, dann bleibt man gerne länger oder kommt mehr als einmal.
Im Dom sind Kaiser und Könige ein und ausgegangen, Das Kaisergrab der Salier in der Krypta ist heute noch Zeugnis der mittelalterlichen Bedeutung Speyers.
Wir wollen uns aber nicht mit Geschichte überfrachten, sondern
nach dem elend langen Winter endlich wieder einmal etwas anderes sehen. Um so angenehmer, dass der Winter ein paar Tage Pause macht uns und mit Sonne verwöhnt.
Wir sind Hardcore „Terra X“ Fans. Jeden Sonntag um 19:30 Uhr versammelt sich die Familie um den Fernseher um „Terra X“, die Geschichts- und Wissenssendung des ZDF zu schauen. Und natürlich haben wir „Die Deutschen“ ebenso in uns aufgenommen, wie die Geschichten um Kirchenbauten.
Und so reifte vor vielen Jahren der Plan: Nach Speyer müssen wir auch einmal.
Wie das manchmal so ist, wurde dies dann Jahr um Jahr verschoben, und da der Dom nun schon 1000 Jahre auf uns wartete, konnten wir uns auch Zeit lassen.
Nun war es endlich so weit. Schon kurz nach der Autobahn, in der weiten Rheinebene vor Speyer erhaschten wir einen ersten Blick auf die damals größte Kirche der Christenheit. Angetan von dem alten Gemäuer suchten wir einen Parkplatz für das Wohnmobil und fanden auch einen im Ortskern, auf dem wir sicherlich auch hätten übernachten können. Warum wir dann doch zum einzigen Stellplatz fuhren, ist uns im nachhinein zwar schleierhaft gewesen, aber als wir am Stellplatz in unmittelbarer Nähe des Technikmuseums ankamen, hatten wir keine Lust mehr zurück zu fahren und so zahlte ich zähneknirschend die 22 Euro Stellplatzgebühr.
Der Stellplatz ist komplett eingezäunt und gehört zu einem Hotel. Ein und Ausfahrt erfolgt durch ein Schiebetor, für dessen Öffnung man extra klingeln muss. Ich kann mir vorstellen, dass in Ferienzeiten oder an Wochenenden auf den anderen Parkplätzen die Hölle los ist, denn Speyer glänzt nicht nur durch seine alte Geschichte, sondern lockt mit dem Technikmuseum Speyer und dem Imax Dome und einem Aquarium Sea Life Speyer. Dazu noch mittelalterliche Märkte und dem berühmten Weihnachtsmarkt. Wer dann noch die Weinanbau genießen will oder sich in den nahegelegenen Speyer Auwald erholen möchte, der kann einen ganzen Urlaub hier verbringen.
Unverständlich ist mir die Preispolitik des Stellplatzes. Für das Fahrzeug zahlt man 22 Euro. Dafür bekommt man einen verbilligten Eintritt ins Technikmuseum.
Da wir dort aber gar nicht hin wollen, ist der Platz recht teuer.
Die Einrichtung ist auch nicht gerade als attraktiv zu bezeichnen, zumindest sauber war alles. Leider muss der Platz morgens verlassen werden. Wer also ins Technikmuseum möchte und danach weiterfahren, der muss morgens den Stellplatz verlassen und noch einmal Parkplatzgebühren am Technikmuseum bezahlen. Dann ist man aber wieder aus dem Hochsicherheitstrakt draußen. Irgendwie für mich alles unpraktisch und für mobil Reisende nicht durchdacht.
Wahrscheinlich stellt man sich es so vor: Freitagabend Ankunft: 2 Tage Stellplatz bezahlen. Am nächsten Morgen Technikmuseum usw. Übernachten. Und am Sonntag dann Heimfahrt.
Egal, wir wollen weder das SeaLife, das Technikmuseum oder das IMax-Kino sehen – uns zieht es zu den alten Gemäuern und Kirchen, den Cafes und der Einkaufsmeile. Zuerst wollen wir endlich den Kaiserdom besichtigen:
Begeistert vom Dom lassen wir in einem Cafe die Seele baumeln und schauen den in der Sonne flanierenden Touristen zu. Viele kleine Läden säumen die Haupteinkaufsstraße und die Gassen und laden zum stöbern ein. Natürlich werden auch meine Frauen fündig und so wandern wir weiter am Altpörtel vorbei zur katholischen Kirche St. Josef.
Ich bin kein großer Kirchenfan katholischer Kirchen, doch diese hat mich begeistert. Der Klang in der Kirche ist ausgesprochen gut und so hat es mir gefallen ein paar Liedzeilen zu singen. Gut, dass nicht viele Zuhörer da waren.
Auf der anderen Straßenseite befindet sich dann die Gedächtniskirche der Protestation. Klar, hier geht es um Martin Luther. Und das sich Katholiken und Protestanten nicht nur im Mittelalter spinnefeind waren, zeigt auch die Tatsache, das die Protestanten die Gedächtniskirche bauten und einige Jahre später die Katholiken auf der anderen Straßenseite ihre Kirche St. Josef bauten. Dabei wurde natürlich darauf geachtet, dass man mit dem einem oder anderen Fenster, dem jeweils anderen noch eins auswischen konnte. Aber das können sie selbst in Speyer herausfinden…
Die Gedächtniskirche der Protestation erinnert an den Reichtstag 1529 und die dort stattgefundene Protestation. Sechs Fürsten und 14 Reichsstädte stellten sich gegen die Reichsacht Martin Luthers und forderten die ungehinderte Ausbreitung des evangelischen Glaubens. Sie stellten sich damit dagegen, dass die Mehrheit bestimmen könne, welchen Glauben (die Minderheit) anzunehmen hat. Bis dahin war es usus, dass die Bevölkerung sich zum Glauben des Fürsten bekannte.
Und daran erinnerte sich die Protestanten im ausgehenden 19ten Jahrhundert zur Zeit des Kulturkampfes. Glaubenskrieg mit anderen Mitteln. Die einen bauten die Lutherkirche und die anderen setzen den Papst dagegen.
Wer nun glaubt, dass seien Geschichten aus der Vergangenheit, der irrt gewaltig!
Die Gedächtniskirche der Protestation ist eine moderne Kirche im Neugotischen Stil. Filigran und erhaben wirkt sie auf den Besucher! Mit über 100 Metern ist der Turm der höchste der Pfalz und das bunte Dach erinnert mich an die Stephanskirche in Wien.
Nach so viel Kultur, Historie und dem anstrengenden Schoppen, genießen wir den Abend im Wohnmobil.
Das Wetter meint es weiterhin gut mit uns, auch wenn der Ladenbesitzer uns mit dieser Schaufenstergestaltung aus der Seele spricht:
Am nächsten Tag wollen wir genau das im Umland von Speyer suchen: Sonne, Natur, Ruhe und grüne Wiesen. Die Empfehlung eines Ortskundigen lautete Speyerer Auwald. Auf keiner Karte können wir ihn finden. Wir suchen nach Inseln und im Internet und irgendwann wird uns klar, dass direkt hinter dem Stellplatz und dem anschließenden Flugplatz der Speyerer Auwald sich am Rhein befindet. Eine alte Rheinschleife verlandet und einen natürlichen Hafen bildend, bietet der Natur ein breites Refugium. Offenbar hat man schon vor geraumer Zeit begonnen das Gebiet sich wieder selbst zu überlassen und die Natur holt sich nun das Gebiet Stück für Stück zurück:
Vielleicht hätten wir lieber hier die Nacht verbringen sollen. Ein idyllisches Fleckchen Erde verabschiedet uns vor der Fahrt nach Hause!