Causse nennt man die Hochebene in den Cevennen, in die sich der Tarn über Millionen von Jahren eingeschnitten hat. So teilt der Fluss die Ebene. Heute nehmen wir die nördliche in Angriff. Heute haben wir Inga bei einem Zeltlager unseres Dekanats abgeliefert, noch zwei Wochen darf sie sich mit einer Jugendgruppe hier vergnügen, während wir alleine weiter fahren und bald schon wieder arbeiten müssen. So starten wir sehr, sehr früh und machen auf dem großen Parkplatz in St. Enimie Station. So früh ist noch kaum ein Wohnmobil unterwegs und dementsprechend bekommen wir den Platz direkt am Tarn. Beim Bäcker decken wir uns mit Croissants und Baguette ein und verschwinden erst noch einmal ins Bett. Gegen 10 Uhr schauen wir beim Frühstück dann den ersten Kajak-Touristen beim kentern zu. Direkt vor unserem Stellplatz gibt es eine kleine Schwallstelle, die die Boote auf die linke Seite des Flusses gegen Felsen drückt. Das reicht um das eine oder andere Kajak in Bedrängnis zu bringen. St. Enimie am frühen Morgen ist ein lohnendes Ziel. Noch fast ohne Touristen sind die alten Häuser ein schönes Motiv. So wandere ich durch jede kleine und kleinste Gasse und stehe den Leuten manchmal wohl im Treppenhaus. Wirklich witzig, wie hier die Straßen verlaufen. Ein kleiner Tunnel führt unter einem Haus hindurch. Der Tag ist noch jung und die wenigen Menschen grüßen mich höflich. Sie sind Touristen gewohnt und Leben gut damit. Die Stadt drängt sich auf die steile Fläche, die der Fluss gegraben hat und bietet für das Umland ein paar wenige Läden und Geschäfte. Dementsprechend gut besucht ist der kleine Ort. Später fahren wir die Straße am Fluss entlang und haben Glück. In keiner der engen Kurven oder Tunnel treffen wir auf LKWs. Die Franzosen fahren alle vorsichtig und sind sehr zuvorkommend, andere Wohnmobilfahrer eh, einzig die Kajaktransporter haben es eilig und wann immer ich einen hinter mir habe, fahre ich die nächste Parkbucht an. Gut, wenn wenig Gegenverkehr herrscht. Die Profis empfehlen die Zeit von 12h – 14h, da machen die Fernfahrer und Händler oft ihre Mittagspause. Man sollte eh jede Gelegenheit nutzen, um zu parken. Denn eigentlich immer, wenn eine größere Parkbucht angeboten wird, gibt es ein lohnendes Fotomotiv. Ein kleines Dorf auf der anderen Talseite deutet beeindruckend an, wie die Menschen hier seit Jahrhunderten gelebt haben. Da wurde gebaut und angebaut und erweitert und wieder ein Dach angehängt. Die Hänge begradigt und das nächste Haus gebaut. Viel Arbeit steckt in diesen Dörfchen. Und alle bestehen aus dem grauen Stein, der so typisch für das Aussehen der Häuser und Dörfer ist. Nirgends sieht man ein modernes, verputztes Systemhaus a la Deutschland. Und das macht den Charme hier aus! Aber auch der gehetzte Großindustrielle hat die Vorteile der Einsamkeit erkannt. Dieser alte Hof wurde um und aufgebaut und beherbergt heute viele Prominente, die hier ungestörte Ruhe genießen wollen.
Wer ein wenig exklusiveren Urlaub wünscht, kann in einer echten Burg unterkommen. Das Tophotel an der Tarn sieht zumindest so aus, als würden auch heute noch die Rittersleut in Rüstung am Tisch sitzen. Und natürlich bekommt man überall wieder einen Blick auf die tiefe Schlucht und den Fluss mit den vielen Spielzeugbooten. In Les Vignes verlassen wir das Tal und fahren die vielen Serpentinen hinauf auf die Hochebene. Diese nennt man hier Causse und es ist erstaunlich, wie sich innerhalb weniger Augenblicke die Landschaft und Vegetation ändert. Auch zeigt sich später, dass die nördliche Gausse völlig anders ist, wie die südliche. Ein Wort noch zu den Serpentinen: Sehr weiträumig und gut zu fahren, überhaupt kein Problem für Wohnmobile. Wir fahren zum Point Sublime, einem Aussichtsplatz direkt über dem Klettergebiet, in dem wir vor einigen Tagen kletterten, ohne zu ahnen, dass weit über uns ein Parkplatz wartet. Allein der Weg zum Aussichtsplatz bietet viele Stellmöglichkeiten für eine Kaffeepause oder auch für die Nacht. Und die Aussicht dort ist dann wirklich ein Erlebnis und die Anreise wert. Meines Erachtens ein muss, wenn man an der Tan ist: und natürlich lassen sich auch unsere Freunde wieder blicken: Ich stelle mir einen Liegestuhl direkt an die Klippen, lese, beobachte die Vögel und genieße den Augenblick und kann überhaupt nicht verstehen, wenn Menschen auf den Parkplatz fahren, aus dem Auto springen, zur Klippe rennen, ein Selfie machen und nach wenigen Augenblicken wieder im Auto verschwunden sind. Warum haben sie den langen Weg hierher gemacht? Nehmt euch die Zeit, findet Ruhe. Heitere Gelassenheit hat mir einmal unser Pfarrer als Jahresmotto empfohlen. Das wünsche ich noch viel mehr Menschen! Später suchen wir eine Möglichkeit, um Wasser zu bunkern. Entsorgt hatten wir schon an einem VE-Platz an der Tarn, aber Wasser konnte ich mit meiner Kreditkarte dort nicht bezahlen. An einem Campingplatz machen wir halt und ich frage höflich nach Wasser: Die unwirsche Frau verlangt 8 Euro für eine Tankfüllung. Ich frage noch einmal fassungslos nach: „ja, acht Euro“. Bis dahin wäre ich vielleicht sogar bereit gewesen, zu bleiben, denn es war nachmittag und ich hatte große Lust die Füße hoch zu legen. Aber bei so viel Unverschämtheit bin ich wütend wieder ins Auto gestiegen. Und das hat sich am Ende gelohnt. Denn zum einen war die Weiterfahrt über die Hochebene schön, zum anderen kamen wir nach wenigen Kilometern zu einem Schild „Camping du ferme“ Erst dachte ich, der Campingplatz ist wohl geschlossen, bis mich die Beste aller Ehefrauen darauf aufmerksam macht, dass Ferme wohl Farm, also Bauernhof heißt. Und so fahren wir wenig später auf eine riesige Wiese mit wenigen Campern und netten Bauern („erst mal einen Schnaps“) für kleines Geld (12,50 Euro). Die Nacht ist sternenklar, kein Licht trübt den Blick auf die Sterne und die Milchstraße leuchtet nur für uns alleine. Es ist unfassbar ruhig. Selten haben wir uns so wohl gefühlt und gut geschlafen. Geduscht habe ich in der dortigen, spartanischen Dusche, bei der Toilette war ich froh, dass wir unsere eigene an Bord haben. Aber das ist ja gerade das gute am Wohnmobilleben: Man kann, muss aber die Angebote der Campingplätze nicht nutzen. Da keine „echte“ Ver- und Entsorgungsstelle vor Ort war, haben wir unsere Toilette im Plumpsklo entsorgt und Wasser am Waschbecken abgezweigt und gebunkert. Der Grauwassertank war noch nicht so voll, den entsorgten wir an der nächsten Entsorgungsstelle einige Stunden später. Irgendwo gibt es immer eine Möglichkeit.