Sehr, sehr früh am Morgen verlassen wir die kleine Straße an den Fairy Pools und fahren zurück zur Talisker Brauerei. Erst dort duschen und frühstücken wir. Noch einmal Touristenchaos, darauf hatten wir keine Lust.
Sehr, sehr viele Besucher in Schottland fahren mit Mietautos durch die Gegend. Die Cleveren haben kleine Wagen gebucht – die anderen dicke Schlitten. Und auf den kleinen Straßen ihre Entscheidung sicher oft bereut.
Wir wollen zügig nach Armadale und dann mit der Fähre nach Mallaig.
Was wir nicht ahnen: diese Fähre sollte man immer vorbuchen. Ansonsten kann es passieren, dass man länger warten muss, manchmal auch bis zum nächsten Tag. Naiv, wie wir sind, fahren wir munter drauf los.
Erstes Highlight an diesem Tag sind dann unverhofft: Hochlandrinder!
Es gibt sie gar nicht mehr so oft. Häufig zu sehen sind mit Hochlandrindern gekreuzte Rinder. Aber echte Highland Cattle haben wir nur drei Mal im ganzen Urlaub gesehen.
Ich habe mir ernsthaft überlegt, ob ich ein paar Bilder aus dem Odenwald oder der Rhön in unseren Reisebericht einbaue. Dort sieht man häufiger Hochlandrinder als in Schottland.
Die Fahrt durch den unteren Teil von Skye gestaltet sich geruhsam: mit europäischen Fördermitteln sind weite Teile der Straßen ausgebaut worden und so kommen wir gegen 11 Uhr am Hafen von Armadale an. „Wie, nicht gebucht? Dann bitte zur Seite fahren, die nächsten Fähren sind ausgebucht.“ Glücklicherweise findet sich dann doch schon auf der nächsten Fähre ein Plätzchen.
Nadja hat sich derweil Armadale Castle und den großzügigen Park angeschaut, ich in der Nähe an einer öffentlichen Toilette entsorgt. Unser Zeitplan kommt zwar wieder einmal durcheinander, aber noch sind wir im Plan.
In Mallaig fahren wir dann kurz nach der Ankunft an der schon unter Dampf stehenden Lokomotive des Jakobite Train vorbei. Wenn nun alles klappt und wir gut vorankommen, schaffen wir es tatsächlich rechtzeitig zum Harry Potter Viadukt in Glenfinnan, um die fahrende Dampflok zu sehen. Im Bewusstsein, dass wir später die Strecke auch wieder zurück fahren, rasen wir an einigen schönen Ecken vorbei, stellen unser Wohnmobil auf den letzten freien Parkplatz unterhalb des Viadukts und schnappen die Räder, um rasch die zwei Kilometer auf einer für den Verkehr gesperrten Straße zu fahren.
Wir hasten den steilen Hang zum bekannten Aussichtspunkt hinauf und keine 20 Minuten später kommt der erste Jakobite Train aus Fort Williams und kurz danach die Dampflok aus Mallaig.
Glenfinnan Viadukt – The Jacobite
Perfektes Timing!
Die Drohne hatte ich aufgrund eines Hinweisschildes im Wohnmobil gelassen, ein Ungar erklärt mir dann, dass das Schild nicht auf ein Flugverbot hinweist, sondern nur darauf, dass man sich eine Erlaubnis für 10 Pfund kaufen muss, wenn man den Zug aus der Vogelperspektive filmen möchte.
Freundlicherweise überlässt uns Tommy Plugor seine Bilder und Videos.
Nun haben wir viel Zeit und so fahren wir tiefenentspannt und zufrieden bei schönstem Sonnenschein zurück in Richtung Mallaig, um nach dem Loch Eilt auf kleinen Straßen in Richtung Westen abzubiegen.
Könnt ihr euch noch an Leith aus Edinburgh erinnern? Am Campingplatz vor dem Tantallon Castle haben uns Leith und seine Frau Heather ihre Lieblingsorte auf Skye und Ardnamurchan (wenn er es ausspricht, hört es sich wie „Ardemacken“ an) auf unserer Planungskarte eingezeichnet.
Von den „Singing Sands“ haben sie mehr als nur geschwärmt!
Obwohl wir davon nie gehört hatten und auf dieser Halbinsel auch sonst keine großen Ziele kennen, war es für uns selbstverständlich hier her zu fahren. Schließlich wollten wir wissen, was Leith an den Singing Sands so begeistert.
Die Straße wird zusehends enger und wir kommen nur langsam voran. Landschaftlich ist es wunderschön und es gibt hier viele Hütten und Ferienhäuser. Als wir nicht sicher sind, ob wir mit dem Wohnmobil einen noch kleineren Weg befahren können, fragen wir eine andere Autofahrerin, die gerade an uns vorbei fahren will. Und oh Wunder: sie antwortet auf Deutsch! Sie ist Deutsche und wohnt schon lange in diesem einsamen Winkel Schottlands und fängt ebenfalls sofort an, von den Singing Sands zu schwärmen. Ja, wir könnten bis ca. 4 km vor den Singing Sands mit dem Wohnmobil fahren und dann mit den Rädern bis zum Strand.
Und übernachten könnten wir auf dem Parkplatz auch, das sein kein Problem.
Wunderbar! Denn mittlerweile ist es später Nachmittag, dann haben wir schon einen Platz für die Nacht.
Was die nette Frau natürlich nicht einschätzen kann: kurz vor dem Parkplatz geht es durch ein enges Tor und noch enger stehende Hecken und wir schrubben ganz gut mit dem Wohnmobil an den Ästen entlang. Glücklicherweise gibt es keinen Gegenverkehr.
Der Parkplatz liegt dann völlig einsam an einer flachen Bucht. Perfekt für die Nacht.
Mit den eBikes geht es über sehr grobe und holprige Wege an der Bucht entlang durch Wälder über einen steilen Höhenrücken und einem weiteren Wald.
4 Kilometer, eher mehr. Und wir sind froh, die Räder zu haben.
Und dann stehen wir vor feinstem Sandstrand, die tiefstehende Sonne wärmt uns, wir sitzen am Strand, trinken ein mitgebrachtes Bier.
Völlig allein.
Sind wir wirklich in Schottland?
Dieser Strand könnte auch irgendwo weit im Süden liegen.
Aber warum heißt der Strand „Singing Sands“?
Wir entdecken es nicht sofort. Erst als wir nicht über den Sand gehen, sondern die Füße schleifen lassen, geht es los.
Der Sand gibt tatsächlich Töne ab. Wir sind völlig perplex. WIESO? WIE GEHT DAS?
Man kann sogar unterschiedliche Töne erzeugen. Es quietscht, je länger man durch den Sand schlurft.
Je tiefer der Sand, desto lauter.
Das ist der Knaller!
Und das genialste ist: niemand weiß, warum das so ist.
In unserer ach so perfekt erforschten Welt, gibt es noch immer Dinge, die nicht erklärbar sind.
Lange sitzen wir am Strand und genießen die Ruhe. Einmal taucht eine Robbe kurz auf – ansonsten passiert einfach nichts. Unweit des Strands gibt es noch ein idyllisches Becken mit einem Wasserfall.
Ebenfalls ein schönes Fotomotiv.
Zurück am Wohnmobil offenbart uns sich die Kehrseite der Medaille: mit dem Sonnenuntergang (geniale Bilder durch die Spiegelung im flachen Wasser der Bucht!!!) kommen die Midges!
Unmengen. Schwärme. Ich grille im Freien. Komplett eingesprüht mit Nobite. Doch das reicht nicht. Hut, lange Jacke, Strümpfe, dicke Schuhe. Bloß nicht den Mund aufmachen und immer wieder habe ich Midges in den Ohren und der Nase.
Ein langer Tag neigt sich dem Ende zu. Wieder haben wir viel gesehen und erlebt. Wieder war uns der Wettergott gewogen und auch die Technik passt bislang perfekt.
Schottland Reisebericht:
Schottland - Wichtige Infos vor dem Start Unsere Reiseführer - Buchempfehlung Die TOP-Reiseziele 01 - Anreise, Jedburgh Abbey, Melrose Abbey 02 - Mit dem Kajak zum Bass Rock, Tantallon Castle, Basstölpel und Robben 03 - Edinburgh mit dem eBike, Castle und Royal Mile 04 - Harry Potter Trail, Dean Village und die Kelpies 05 - Stirling Castle, Wallace Monument 06 - Zum Golfen nach St. Andrews 07 - Highlands und Balmoreal Castle: Die Queen ist zu Besuch 08 - Dunnotar Castle - Pennan 09 - Whiskytasting und das Schlachtfeld Culloden 10 - Dunrobin Castle und Loch Ness 11 - Delfine vom Stellplatz aus beobachten 12 - Das berühmteste Schloss: Eilean Donan Castle 13 - Hebrideninsel Skye und der Leuchtturm Neist Point 14 - Feary Pool ohne Wiederkehr 15 - Singing Sands 16 - Tobermory auf Mull 17 - PUFFINS!!! 18 - Islay - ein ganz privater Whisky Trip 19 - Clencoe, 20 - Radtour am Lake Katrine: Mit Sir Walter Scott unterwegs 21 - Calaeverock Castle, Hadrians Wall und Robin Hood 21 - Tipps 22 - Empfehlungen 23 - Reiseroute