Skye
Jeder Schotte, wirklich jeder Schotte, den wir in den letzten Wochen trafen, fragte als allererstes: „Wart ihr schon auf Skye?“
Jetzt sind wir auf den inneren Hebriden angekommen und ahnen, warum sie alle begeistert sind.
Ein wenig erinnert uns Skye mit seinen hohen Bergen direkt am Meer an die Lofoten in Norwegen.
Und doch ist wieder alles anders.
Unser erster (mir fehlen langsam die Superlativen: Immer wieder fantastisch, wunderschön und genial zu schreiben, trifft den Kern der Sache nicht mehr) Stellplatz war schon der Hammer.
Absolute Ruhe in der Nacht, dafür am frühen Morgen ein Wagen der Müllabfuhr – deutlich größer als unser Wohnmobil – der mit hoher Geschwindigkeit auf der miserablen Straße an uns vorbei donnert.
Ok, ganz so vorsichtig, wie auf dem Hinweg muss ich offenbar gar nicht fahren.
Ob ihr es glaubt oder nicht: Mein größter Horror in den letzten Tagen war das Wetter: Jeden Tag scheint die Sonne, die Frage ist nur: Wann kippt das Wetter.
Denn ich träume seit Monaten von unserem heutigen Ziel: Neist Point (die Schotten sprechen es Niiiist Point aus) und der berühmte Leuchtturm. Den würde ich gerne in der Abendsonne sehen.
Aber bis dahin ist noch ein weites Stück und deswegen beginnen wir sehr früh am Morgen.
Überhaupt füllen wir die Tage bis zum Anschlag. Warum ausruhen, wenn es an jeder Ecke etwas zu entdecken gibt.
So erreichen wir Portree am späten Vormittag. Wir bummeln und shoppen in der kleinen Stadt, hören einer talentierten, jungen Dudelsackspielerin einige Zeit zu und knipsen natürlich die bekannte Hafenmeile mit ihren bunten Häusern.
Weiter geht es auf der A855 in Richtung Norden.
Die Straße wird schmaler und die Gegend einsamer.
Zumindest bis wir zum Old Man of Storr kommen.
Hier reihen sich schon weit vor dem offiziellen Parkplatz Auto an Auto am Straßenrand. Bei schönem Wetter machen die Schotten wohl hier ihren Wandertag.
Der Old Man of Storr ist ein Monolith der sich eindrucksvoll schon aus großer Entfernung vom dahinter liegenden Bergmassiv abhebt.
Von der Straße geht ein Wanderweg hinauf ins Gebirge und man sollte schon gutes Schuhwerk und für jedes Wetter gerüstet sein, bevor man die mehrstündige Wanderung angeht.
Wir schummeln jetzt. Es ist sehr warm! Für schottische Verhältnisse sogar tropisch heiß.
Deswegen erklimmen wir nur die ersten Höhen (was schon sehr anstrengend ist) und nutzen dann die Drohne, um schöne Bilder zu machen.
Für die Weiterfahrt einen Tipp: Viel Zeit einplanen!
Die vor uns liegende Straße bietet eine Vielzahl von tollen Ausblicken, netten Häuschen, im nirgendwo stehende Telefonzellen, saftig grünen Hängen – man kann auf den nächsten 20 Meilen auch einen ganzen Urlaub verbringen!
Der erste Zwischenstopp dient dem Mittagessen. Wir wussten nicht, dass wir gerade an einer Sehenswürdigkeit vorbeifahren, aber Parkplätze sind rar gesäht und so nehmen wir, was wir kriegen können und stehen unvermittelt auf der „Abbruchkante“ der Insel. Der kleine Bach, der sich am Parkplatz noch neben uns entlang schlängelt, wird zum tosenden Wasserfall.
Ein Dudelsackpfeifer darf hier ebensowenig fehlen, wie die Würstchenbude und die im 10 Minuten Takt einfallenden Bushorden.
Spätestens am Duntulm Castle haben wir uns in diese Landschaft restlos verliebt. Mehr als einmal halten wir an, laufen zurück, sitzen am Wegesrand, fotografieren oder genießen einfach.
Die Straße ist oft sehr eng, glücklicherweise fahren nicht viele Autos. Und die, die fahren sind entweder Einheimische, die mit den verrückten Touristen umzugehen gelernt haben, oder Touristen, die Zeit mitgebracht haben.
Am Nachmittag fahren wir am Campingplatz in Dunvegan vorbei. Wir fragen, ob wir Ent- und Versorgen dürfen. Kostet am Ende zwar 12 Pfund, aber nun sind wir wieder für drei bis vier Tage versorgt. Auf dem Campingplatz hätten wir auch nicht übernachten können – ausgebucht. Wie bei vielen Plätzen bei schönem Wetter zu dieser Jahreszeit.
Nun geht es richtig eng weiter: Die Straße zum Neist Point wird immer enger: Irgendwann wird sie zu „Single Road“ mit Einbuchtungen, um dem Gegenverkehr auszuweichen. Das klappt erstaunlich gut, obwohl man durch steile Hügel oft den Gegenverkehr erst sehr spät sieht.
Nur einmal, und ausgerechnet durch ein Motorrad, kommen wir in Bedrängnis. Der deutsche Fahrer ist der Meinung, dass er Vorfahrt hat. Wir fahren gerade den steilsten Hügel auf der ganzen Strecke hinauf, haben drei Autos hinter uns. Das Motorrad kommt über die Kuppe und fährt einfach weiter.
Wir sollen an den Rand fahren.
Was nicht geht, denn der Seitenstreifen liegt einen halben Meter unter der Straße.
So müssen wir einfach stehen bleiben und hoffen, dass das Motorrad vorbei kommt. Und das wir dann wieder anfahren können. Da ich versuche anzufahren, während das Motorrad noch neben uns ist – ich will ihm mehr Platz verschaffen – schrammen die Koffer des Motorrads an unserem Wohnmobil entlang.
Das hätte alles nicht sein müssen.
Trotz des Ärgers kommen wir am späten Abend endlich am Neist Point an.
Die Sonne steht noch hoch, wir packen ein Picknick-Paket und dann zieht es uns auf die Klippen, um den Rest des Tages nichts anderes zu tun, als der Sonne beim Untergehen zuzuschauen.
Die Nacht verbringen wir dann mit zehn anderen Wohnmobilen direkt an der Straße. Das Wohnmobil schon gedreht, damit wir morgens, sollte die Touristenmasse eintrudeln, schon in der richtigen Richtung stehen.
Und wieder geht einer dieser traumhaften Tage zu Ende. Noch lange denken wir an diese ruhigen Stunden auf der Klippe mit dem unendlichen Ausblick übers Meer.
Schottland Reisebericht:
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