Schottland: Links fahren muss gelernt sein!

Endlich ist es soweit, es geht los: Schottland!
Seit vielen Jahren wollen wir dorthin, aber dann wurde es Schweden, Norwegen, Frankreich und wieder Schweden.
Diesmal geht es nun nach Schottland.
Dreieinhalb lange Wochen!
Wobei schon bei den Planung klar wurde, dass wir nie im Leben alle Highlights des Landes in drei Wochen sehen können – da braucht es eher drei Monate dafür.

Dazu muss man noch die An- und Abreise  rechnen, die ganz schnell schon vier, fünf Tage kosten kann.
Statt die günstige Fähre Dover – Calais oder ähnliches zu nehmen, um dann durch ganz England fahren zu müssen, haben wir uns für die lange und mit 800 Euro (Hin- und Rückfahrt) nicht billige Fähre von Amsterdam nach Newcastle entschieden. Im Preis inbegriffen waren Abendessen, Frühstück und eine kleine Außenkabine.
Durch die Fähre spart man natürlich Sprit und bekommt schon von Anfang an echte Urlaubsstimmung. Einfach sich irgendwo hinsetzen und lesen und sich fahren lassen – wer Lust hat kann sich in Kino, Disco, Bar vergnügen. Aber das ist unsere Sache nicht.

So sitzen wir auf dem Deck und lassen uns die Steife Prise um die Nase wehen.
Der Seegang ist heftig und die hohen Wellen schlagen mit solcher Wucht gegen das Schiff, dass die Bordwand unter uns jedes Mal einen dumpfen, hallenden Ton abgibt. Das Schiff schlingert und manch ein Gast sieht etwas grün um die Nase aus.
Vorausschauend wie sie nun einmal ist, hat Nadja Tabletten gegen Reisekrankheit im Gepäck und ich sage nicht nein. Lieber ein wenig müde und früh im Bett als am Ende seekrank werden.

Zum Frühstück auf See ist es immer noch ziemlich unruhig, aber je näher wir Newcastle kommen, desto ruhiger wird die Nordsee, der Himmel reißt auf und England begrüßt uns mit einem herrlich blauen Himmel.
Ach könnte es nicht den ganzen Urlaub so bleiben!

Wir haben in den letzten Wochen viele Regenklamotten dazu gekauft, einen langen Poncho, Regenhosen, Gummistiefel. Fürs Kajak noch einen dickeren Neoprenanzug – bei 12 Grad Wassertemperatur überlebenswichtig, wenn man ins Meer fällt.

Durch viele Reiseberichte haben wir uns gelesen und jeder berichtet von den Regentagen und Nebelschwaden, von Sturm, aber auch, dass in Schottland das Wetter sich binnen einiger Stunden völlig verändern kann. Und der Mai soll oft der beständigste Monat sein. Wobei uns gleich die Nachbarn der Nebenkabine auf dem Schiff erzählten, dass es vor einem Jahr im Mai ununterbrochen geregnet hat. Soweit zum Thema Statistik.
Aber heute ist der Himmel blau und wir fahren aus der Fähre hinaus zu neuen Ufern.

Etwas aufgeregt bin ich schon, denn noch nie bin ich im Linksverkehr unterwegs gewesen. Dazu noch mit einem Linkslenker. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen.
Die ersten Meter geht es im Hafengebiet noch auf der rechten Spur voran, irgendwann kommt dann eine Wechselspur und ab jetzt ist man in England angekommen: Linksverkehr.
Und jeder, wirklich jeder, hat mich in den letzten Wochen vor den Kreiseln in England gewarnt: bloß nicht in die falsche Richtung fahren. Oder aus der falschen Richtung die ankommenden Autos erwarten.

Alles gar nicht so schlimm.
Lasst euch einfach nicht stressen und auf gar keinen Fall schnell fahren.
Ganz locker hänge ich mich an einen Laster, der offenbar auch in Richtung Schottland fährt und fahre konsequent hinter ihm her.
Schon nach wenigen Metern der erste Kreisel und dann kommen die Kreisel wirklich im Minutentakt.

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Irgendwann fährt mein Laster dann eine andere Richtung und ich bin wieder auf mich allein gestellt. In einem Kreisel drehe ich dann eine Ehrenrunde, weil ich nicht kapiere, welche Ausfahrt unser Navi meinte. Dank Baustellen sieht das manchmal aus.
Dann kommt schon die Autobahn in Richtung Edinburgh: und hier zeigt sich das erste Mal der große Nachteil eines Linkslenkers! Insbesondere bei Wohnmobilen, wo man nicht mal durch die (nicht vorhandenen) hinteren Fenster als Fahrer schauen kann.
Spitze Winkel nach rechts hinten sind absolut nicht einsehbar.
So muss Nadja diese Rolle ab jetzt übernehmen und wir sprechen ab, dass sie das Kommando zum losfahren gibt: auf ihr „LOS“ fahre ich sofort und ohne etwas nach hinten zu sehen auf die Autobahn.
SEHR gewöhnungsbedürftig.
Aber es klappt und dank klarer Absprache, klappt das nun jedes Mal. Der Beifahrer wird hier wirklich gut gebraucht. Ohne Nadja geht es nicht. Aber das weiß ich ja seit mehr als dreißig Jahren.

Wir sind auf der Hauptroute gen Schottland und als wir die Grenze erreichen haben wir auf dem Parkplatz Glück und stehen direkt am Grenzstein. Wenige Minuten später kommen Busse und PKW’s und überfluten den Platz, der von einem Imbisswagen und einem dudelsackspielenden Verkäufer beherrscht wird.

Kitschig, aber auch wieder irgendwie gut. Uns gefällt unser erste Blick auf unser Urlaubsland: ewige Weiten und in der Ferne erste Berge.


Nach einem Imbiss fahren wir weiter und stehen unversehens vor der ersten Sehenswürdigkeit:
Man kann sie gar nicht verpassen und sollte auf keinen Fall weiterfahren! Das hatte ich eigentlich vor:
Jedburgh Abbey

Jedburgh Abbey
TIPP: Historic Scotland - Membership

Wenn ihr länger als zwei Wochen unterwegs seid, holt euch an der ersten Sehenswürdigkeit von Historic Scotland die Jahresmitgliedschaft!
Dazu gibt es auch eine App und ihr könnt jederzeit sehen, welche Sehenswürdigkeit in der Nähe im Preis inbegriffen ist. Nach wenigen Besuchen hat sich die Mitgliedschaft schon gelohnt. Der Jahresbeitrag kostete uns £96,00 für 2 Personen - Bei Eintrittspreisen von 10-15£ pro Person bei einer Sehenswürdigkeit ist man ansonsten sehr schnell teurer.
Manche Sehenswürdigkeit ist im Privatbesitz und dementsprechend nicht im Preis enthalten. Es lohnt trotzdem.

Die nette Frau am Empfang begrüßt uns, als seien wir alte Bekannte. Fragt nach unserem Wohlergehen, wo wir herkommen und wir üben das erste Mal wieder unser Schulenglisch. Es quietscht etwas, aber wir können uns verständlich machen und verstehen auch alles.
Als sie erfährt, das wir länger als zwei Wochen unterwegs sind und viele Sehenswürdigkeiten besuchen wollen, empfiehlt sie uns eine Mitgliedschaft im Historic Scotland.

Zwar gibt es auch ein Angebot 7 Tage in 14 Tagen. Dann darf man an diesen 7 Tagen in so viele Sehenswürdigkeiten wie man will, aber bei längerem Aufenthalt bekommt man für ein paar Pfund mehr unbegrenzten Zutritt.
Und das rechnet sich schon nach 5 Schlössern, Parks oder Museen.

Und so werden wir MEMBER!
Und werden ab sofort auch so behandelt.
Wir bekommen kostenlos Audioguides, dürfen an den Warteschlangen einfach vorbei gehen und werden am Empfang oft herzlich begrüßt. Tolle Sache und sehr zu empfehlen.

Es gibt noch einen zweiten Verein, der sich ebenfalls lohnt, wenn man mehr im Norden und in Museen und Parks unterwegs ist. Dazu ein anderes Mal mehr.

Jedburgh Abbey ist somit für uns das erste Highlight und kaum sind wir weitergefahren, stehen wir schon vor Melrose Abbey.

Melrose Abbey

Und natürlich besuchen wir diese auch – wir sind schließlich Member.
Dürfen an allen vorbei an die Kasse, bekommen unseren exklusiven Stempel (sie dürfen erst aus Schottland heraus, wenn sie alle Kästchen mit Stempeln voll haben) bekommen einen Audioguide und los geht es.
Eindrucksvoll sind die Gemäuer und liegen im sanften Abendlicht direkt vor uns.
Wir fühlen uns wie zur Zeit von Robert the Bruce, dessen Herz hier begraben sein soll.

Überhaupt stoßen wir immer wieder auf unser Reise auf die Lichtgestalten Schottlands: Rob Roy, Maria Stuart, William Wallace und Robert the Bruce. Der liegt ja an verschiedenen Ecken Schottlands verteilt begraben. Das war damals halt so, wenn man beliebt war. Jeder sollte etwas zum Andenken bekommen.

Von Melrose fahren wir direkt an die Küste. Das Wetter verspricht schön zu bleiben und morgen ist die große Hochzeit in England. So kann Nadja in Ruhe die Hochzeit im Fernsehen anschauen und ich mit dem Kajak die erste Tour machen. In der Nähe von Tantallon Castle finden wir einen Campingplatz, von dem aus ich zum Bass Rock starten kann.

Und Leith gibt uns den Tipp zum „singing Sand“

Nach wenigen Minuten auf unserem Platz haben wir schon Kontakt zu den Schotten von nebenan uns. Leith und seine Frau Heather kommen aus dem wenige Kilometer entfernten Edinburgh und erzählen uns, dass das Wetter ungewöhnlich warm und sonnig sei – und ob wir schon auf Skye gewesen wären und ob wir da und dort und hier hin wollen. Im Nu haben wir eine ganze Liste guter Tipps und Orte beisammen und den Hinweis: sollte irgendwas passieren, wir könnten sie anrufen, sie würden helfen.
Leith ist Bauunternehmer und handfest und meint, was er sagt –  und sofort fühlen wir uns einfach nur gut aufgehoben: Danke Leith!

Unser erster Tag in Schottland war schon aufregend und ereignisreich.
Freut euch, wir haben noch 24 Tage vor uns!!

Weiterlesen 02 – Mit dem Kajak zum Bass Rock, Tantallon Castle, Basstölpel und Robben  

 

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4 Antworten

    1. Hallo Werner,
      kann ich sehr gut verstehen, wobei nach ein paar Stunden ist es schon normal und nach ein paar Tagen kommt dir rechts fahren komisch vor. Zumindest ging es uns auf der deutschen Autobahn dann so.

  1. vom Linksfahren sollte man sich wirklich nicht abschrecken lassen – hab´s in Australien versucht – nach einigen Stunden ist´s gegangen den ersten Kreisverkehr hab ich zur Übung 3x gemacht…..

    1. Ich bin einfach die ersten Kilometer stur hinter einem Laster her, das war eine gute Übung, gerade um sich an den Kreisverkehr zu gewöhnen. Dann gings.
      Die Autobahnauffahrten waren dann noch schwer, aber da hat mir Nadja immer „frei“ zugerufen – perfektes Miteinander!

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