Rumänien – Von nie gesehenen Schlössern und mystischen Dakern

Einsam und ruhig verbringen wir am Zoo in Temeswar die erste Nacht. Am Abend erleben wir das erste Mal die Vogelwelt. Als die entfernte Stadt stiller wird, kommt uns erst zu Bewusstsein, wie laut die Vögel hier sind. Und wie viele es hier gibt. In Rumänien gibt es einfach mehr Natur.
Früh am Morgen fahren wir weiter, leider ist es trüb und regnet. So hatten wir das nicht geplant. Aber der Urlaub ist ja kein Wunschkonzert. Nadja bestimmt die Reiseroute und hat noch ein Schloss auf dem Weg in Richtung Osten entdeckt, dass wir uns kurzerhand anschauen wollen, bevor wir die Nacht mitten im Wald verbringen wollen. Aber der Reihe nach.

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Kurzer Clip mit einem Blick aus der Vogelperspektive

In Eisenmarkt, Hunedoara auf Rumänisch, gibt es für Besucher viele Altlasten zu bewundern. Stahlhütten haben den Ort geprägt und entsprechend verwüstet sieht die Umgebung aus. Einzig AcelorMittal betreibt heute noch ein Stahlwerk, auch hier wandelt sich die Stadt wie bei uns im Ruhrgebiet wird in einigen Jahren die Schwerindustrie nur noch im Museum zu sehen sein.

Burg in Hunedoara - Schloss Corvinilor

Das Schloss Corvinilor

Ein Highlight jedoch bietet die Stadt. Das Schloss Corvinilor.
Und das ist wiederum so großartig, dass man auf keinen Fall an Eisenmarkt vorbei fahren darf!

In vielen Filmen diente das Gemäuer schon als Kulisse und natürlich muss auch Graf Dracula herhalten, dessen echtes Gegenstück dort gelebt haben soll – was aber, wie meist, gar nicht stimmt.

Dabei ist das Schloss wirklich schön anzusehen und die echte Geschichte der Herrscher braucht keinen Graf Dracula.
Man sollte aber immer bedenken, dass im Regelfall ungarische Herrscher hier ihre Stammsitze hatten. Natürlich hätten es das vergangene rumänische Regime und die heutigen Stadtführer gerne, wenn man die Fürsten und Adeligen zu Rumänen machen könnte: aber hier waren es Ungarn und dazu noch einer, der auch einen deutschen Namen hatte: Johannes Corvin – wobei das in grauer Vorzeit eh noch keinen Stellenwert hatte. Also lasst euch in Rumänien von der Namensvielfalt nicht beirren. Die Stadt hat fünf Namen in verschiedenen Sprachen und der Schlossherr natürlich auch.

 

 

Burg Hunedoara, Castelul de Hunedoara (Burg Corvinus, Burg Corvin, Burg der Corviner, Burg Eisenmarkt, Schwarze Burg, Burg Vajdahunyad, Burg Hunyadi.
Und die Stadt:
Hunedoara, Eisenmarkt, Hunyad, Hannedeng, Hunyadiopolis, Eisenstadt.

Alles völlig normal in Rumänien. Drei bis vier Namen hat hier jede Stadt und es fühlt sich keiner beleidigt, wenn man den deutschen oder ungarischen Namen benutzt.

Wir fahren den offiziellen Parkplatz an. Dieser ist bewacht und kostet gerade einmal einen Euro. Natürlich könnt ihr versuchen auch das noch zu sparen, doch die Straßen in der Umgebung sind zugeparkt und eng. Warum sollte man sich das antun?

Natürlich muss man dann an allerlei Touristenständen vorbei, doch die Verkäufer sind nicht aufdringlich und da überwiegend Rumänen hier als Touristen auftauchen, ist das Angebot nicht nur Kitsch und die Preise allemal bezahlbar.

Überhaupt fällt uns schon am zweiten Tag in Rumänien auf,
wie wenige Wohnmobile hier unterwegs sind. Das soll zwar im Hochsommer anders
sein, im Juni sind wir meist alleine unterwegs.

Vom Parkplatz ist man in nur wenigen Minuten zur Burg gelaufen. Und als wir das erste Mal davor stehen, fällt uns die Kinnlade herunter:

Überall in der Welt wird von Neuschwanstein oder den schottischen Burgen geschwärmt. Und mitten in einer dreckigen Industriestadt in Rumänien steht dann so etwas Wunderbares.

Schloss Corvinilor

Leider spielt das Wetter nicht mit und es beginnt sogar leicht zu regnen. Ich hätte die Burg gerne bei Sonnenschein oder noch besser bei Sonnenaufgang fotografiert.
Wir merken schon: westliche Touristen und Asiaten sind hier Mangelware – fast ausschließlich Rumänen besuchen dieses Kleinod.
Und bei einem Eintrittspreis von wenigen Euro sind natürlich auch noch Waffeln und ein Kaffee drin, bevor wir uns aufmachen, die Burg zu erobern.

Klick auf das Bild für mehr Bilder:

Einige Stunden kann man in den Gängen und Räumen schon verbringen. Überall wurde an- und umgebaut und wir stellen uns mehr als einmal die Frage, wie die Bauleute es mit mittelalterlichen Geräten geschafft haben, solche Türme, Dächer und Hallen zu bauen.

Am Nachmittag fahren wir weiter.

Ich konnte Nadjas Bedenken zerstreuen, die nächste Nacht einsam im Wald zu verbringen. Denn dort, wo ich nun hin will, gibt es keinen Camping- oder Stellplatz.

Aber zuerst erleben wir eine Überraschung, als wir durch die Vorstadt von Eisenmarkt fahren.

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Bunte Villen, reich verzierte Dächer

Bunte Villen mit mannshohen Zäunen. Viele, sehr viele. Dazu reich verzierte Dächer. Mit Kupfer und Zink prunkvoll in Szene gesetzt. Hier wird zur Schau gestellt: Wir haben Geld.
Hier findet ihr Bilder von Zigeunervillen in Eisenmarkt
Wir sind in einem Zigeunerviertel und ich traue mich nicht auszusteigen, um zu fotografieren. Daher hier ein Link zu den Zigeunerhäusern von Hunedoara. Und ja, die Zigeuner hier sprechen von sich selbst als Zigeuner. Das ist hier nicht abwertend, sondern eine Tatsache. Stolz sind sie und ich hätte sicher aussteigen und fragen können und man hätte sich gefreut, dass ich fotografiere. Aber das wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Beim nächsten Mal bin ich mutiger

So fahren wir weiter.

freilaufende Pferde und Kühe sind in Rumänien nicht ungewöhnlich

Zu den Dakern möchte ich.
Daker? Das kennt ihr nicht?
Dacia?
Die Automarke hat ihren Namen von diesem Volkstamm, der sich vor 2000 Jahren erfolgreich gegen die Römer wehrte. Irgendwann wurden auch sie besiegt, aber die Dakische Hauptstadt wurde nicht unweit von Eisenmarkt errichtet.
Sarmizegetusa Regia
Heute mitten im Wald, stelle ich mir vor, dass vor 2000 Jahren hier wohl zehntausende Menschen lebten und dementsprechend der Wald gerodet und die Felder bewirtschaftet waren. 

Das Weltkulturerbe Sarmizegetusa Regia gibt auch heute noch viele Rätsel auf.

Tief im Wald liegt heute die Ausgrabungsstätte der Daker
Von Eisenmarkt geht es über kleine Straßen und Dörfer immer weiter in die Einsamkeit. Irgendwann enden die Felder und der Wald beginnt. Es schüttet nun wie aus Kübeln und der Himmel öffnet seine Schleusen. Das hatten wir nicht erwartet.

Die kleinen Bäche sind längst zu Flüssen geworden und der Bach neben der Straße hat wohl in den vergangenen Wochen schon viel Wasser gesehen und die Straße zum Teil unterspült und weg gerissen. Manchmal geht es einspurig weiter, die andere Spur ist weggespült.
Wir sind völlig allein auf dieser Straße, doch je weiter wir in den Wald fahren, desto besser wird der Belag. Hier hat man Geld investiert und sogar immer wieder Parkplätze angelegt. Vor ein paar Jahren wurde hier vor der Schotterpiste gewarnt, es entwickelt sich viel in Rumänien.
Hie und da wird eine Pension gebaut und sogar ein großes Hotel steht im Rohbau.
Offenbar ist im Sommer in dieser Gegend viel los, oder man erwartet in Zukunft Touristenströme. Nun ja, so ein Weltkulturerbe sollte schon den einen oder anderen Reisebus hierher bringen.
Sarmizegetusa Regia
Aber noch sind wir nicht da. 

Irgendwann geht es steil den Berg hinauf. Ich weiß, dass unser kurzes Wohnmobil auch mit solchen Steigungen kein Problem hat, bin aber froh, dass kein Gegenverkehr herrscht.
Wir sind auf 1200 Meter Höhe, als die Straße in einem Parkplatz endet. Nebel macht sich breit. Der Blick in die Wälder hat etwas Mystisches.
Ein großer, nasser Straßenhund liegt am Rande des Parkplatzes. Hoffentlich lässt der uns in Frieden.
Der Parkplatz ist sehr schräg und ich muss mit Steinen das Wohnmobil unterbauen, damit wir halbwegs gerade stehen und erst einmal einen Kaffee trinken können.

Klick auf das Bild für mehr Bilder:

Die Wettervorhersage für den nächsten Tag ist leider auch nicht gut. Schon gar nicht hier in den Bergen, wo die Wolken einfach hängen bleiben. Unten in der Ebene verzieht sich der Regen schon eher.
Kurzentschlossen nutzen wir eine Regenpause für einen Abendspaziergang.
Zur alten Kultstätte führt ein guter Wanderweg, einige Kehren den Berg hinauf. 
Sicherheitshalber wandern wir mit Stöcken – auch zur Hundeabwehr soll so ein Stock gut sein.
Der Hund schaut uns zwar interessiert an, kommt auch näher, aber lässt uns unbehelligt. Wir haben Respekt vor dem zotteligen Rumtreiber.

Oben angekommen, ein Eingangshäuschen, wo man für wenige Euro Eintrittskarten kaufen muss. Sechs Männer von der Gendarmarie sitzen dort.

Der Nebel hüllt alles ein und lässt die Bäume und die große Mauer vor uns
unwirklich erscheinen. Ich lasse mich von Nadja überzeugen und wir gehen schon
heute Abend nach Sarmizegetusa Regia, um uns die Ausgrabungsstätte anzuschauen.
Zwei der Männer folgen uns in einigem Abstand. Was wollen die von uns?

Rumänien Roatrip - klick zur Route mit allen Stellplätzen

Nach wenigen hundert Metern stehen wir an einer uralten ausgegrabenen Straße.
Sensationell. Vor 2000 Jahren muss das Bergplateau komplett bebaut gewesen sein. Die Straße ist noch komplett intakt: vier Meter breit und glatt wie eine Autobahn. Und von oben sieht man eine Reihe von Bauwerken und Kultstätten auf dem riesigen Areal.
Der Nebel zieht über das Gelände und das milchige Licht bringt uns in eine Traumwelt.
Nun bin ich Nadja dankbar, dass wir schon heute hierher gekommen sind. Bei Sonnenschein wäre das alles einfach nur eine Ausgrabungsstätte von vielen. So fühlen wir uns in einer fernen Welt.

Die Daker sind lange vergessen, doch ihre Bauwerke schlummern hier unter dem Boden. Und das ist auch der Grund, warum die zwei Männer uns unentwegt folgen.
Die gesamte Gendarmarie ist offenbar zur Bewachung der alten Steine hier. Zu schnell könnten Kunsträuber sich mitten im Wald an den Schätzen der Vergangenheit vergreifen.

Die Daker sind lange vergessen, doch ihre Bauwerke schlummern hier unter dem Boden. Und das ist auch der Grund, warum die zwei Männer uns unentwegt folgen.
Die gesamte Gendarmarie ist offenbar zur Bewachung der alten Steine hier. Zu schnell könnten Kunsträuber sich mitten im Wald an den Schätzen der Vergangenheit vergreifen.
Wir sind völlig allein und schauen uns alles in Ruhe an. Unsere Begleiter tun uns mittlerweile leid, eigentlich hätten sie wohl schon Feierabend. Daher gehen wir ihnen zu Liebe zum Ausgang – um wieder überrascht zu werden.

 

 

20 Uhr – die Ablösung ist da!
Die Nachtschicht der Gendarmerie wartet schon. Die Jungs bewachen Tag und Nacht die Ausgrabungsstätte und erst jetzt fallen uns an manchen Bäumen die versteckten Kameras auf.




 

Sogar hinter unserem Wohnmobil entdecken wir am Morgen eine Kamera.
So verbringen wir wohlbehütet die zweite Nacht.
Unser Straßenhund legte sich übrigens irgendwann unter unser Wohnmobil zum Schlafen nieder. Da hatte er es wenigstens trocken. Noch ein Bewacher!

Straßenhunde sind genügsam

Teil 3 führt uns nach Karlsburg – und überraschend zu einer Taufe

Jürgen Rode

Jürgen Rode

schreibt seit 2012 für Womo.blog und hat das Camping-Gen quasi mit der Muttermilch bekommen.
Im Wohnwagen seit 1968, später mit dem eigenen Zelt, im Auto durch Norwegen mit viel Regen, musste anschließend ein Kastenwagen her, der 1990 selbst ausgebaut wurde, mit den Kindern kam der Wohnwagen und als die fast aus dem Haus waren, 2012 die erste Weißware.

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5 Antworten

  1. Danke für die spannenden Berichte über eure Rumänienreise. Wir planen, in gut zwei Wochen mit dem WoMo nach Rumänien zu reisen. Da freue ich mich besonders, auf euren Blog gestoßen zu sein. Ich warte gespannt auf den nächsten Teil.
    Lieber Gruß,
    Sabine

    1. Hallo Sabine, es wäre klasse, wenn du uns dann mal berichtest, wie deine Eindrücke von Rumänien so sind.
      Viele Grüße und eine tolle Reise!
      Nadja vom Womo.blog

      1. Liebe Nadja,
        das mache ich gerne. Ich bin schon so gespannt. Und es ist toll, euch vorab auf eurer Reise zu begleiten.
        Lieber Gruß,
        Sabine

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