Rumänien – Mittendrin in einer orthodoxen Taufe in Alba lulia

Am Morgen regnet es heftig. Gut, dass wir schon am Abend das Heiligtum der Daker angeschaut hatten.
Da das Wetter in der Siebenbürger Ebene Besserung verspricht, verzichten wir auf eine Wanderung und fahren die ganze lange Straße durch den Wald wieder zurück. Über Nacht sind die Bäche wieder angestiegen und manches Dorf, durch das wir kommen, steht unter Wasser. Später erfahren wir, dass das um diese Jahreszeit nicht normal ist.
Und tatsächlich. Kaum sind wir aus dem Wald heraus, verziehen sich die Regenwolken und es wird freundlicher.

In Karlsburg finden wir einen Parkplatz, den Park4night auch als Stellplatz für die Nacht ausweist. Keine Ver- und Entsorgung, aber dank Trenntoilette brauchen wir das auch nicht. Den Urinbehälter haben wir irgendwo in einen Graben entleert. Das ist hier unproblematisch. Und unser Frischwasser hält dank Trenntoilette auch gut vier Tage länger, wenn wir sparsam sind, sogar noch länger.


Karlsburg, Alba lulia, ist ebenfalls keine sehenswerte Stadt, einzig die Zitadelle wird in vielen Reiseführern genannt. Und dorthin wollen wir heute.

Alba Lulia – Karlsburg

Von oben kann man die sternförmige Festung gut bewundern. Gelesen hatten wir zwar, dass die Stadt und die Festung in den vielen Jahrhunderten oft verwüstet und geschliffen wurde, es war mir aber nicht klar, dass dementsprechend keine Altstadt existiert. Ich hatte mich auf mittelalterliche Häuschen, vielleicht Kaffees oder eine Flaniermeile gefreut. Dem ist aber nicht so. Sehenswert sind die orthodoxe Kirche, die protestantische Kirche, die bronzenen Figuren auf der Hauptstraße und ansonsten die massive Wehranlage.


Aber das war es dann auch schon.
Und nette Lokale fanden wir auch keine. Eher viele Imbissstände und viele, viele rumänische Touristen, die natürlich einen anderen Blick auf ihre Stadt haben. Denn hier fand die Vereinigung Siebenbürgens, Moldaus und der Walachei unter einem König statt.

Jetzt könnten wir enttäuscht empfehlen Alba lulia den Rücken zu kehren, wenn, ja wenn nicht diese Episode unserer Reise wäre:

Als wir die Stufen von unserem Parkplatz zur sternförmigen Festung erklommen hatten, standen wir vor einem Holztor.
Die erste typisch rumänische hölzerne Eingangspforte!


Und die musste natürlich fotografiert werden. Das Tor stand offen, dahinter in einem schönen Garten erkannten wir eine hölzerne Kirche.
Auch schön.
Auch ansehen.
Aber da eine Gruppe festlich gekleideter Menschen vor dem Tor stand, fragten wir erst einmal höflich, ob man einfach zur Kirche gehen dürfte.
Und jetzt wird es lustig:
Auf dem Parkplatz hatte Nadja einen Mann gefragt, ob er vielleicht umparken könnte, damit ich mit dem Wohnmobil einparken kann. Er reagierte sehr freundlich auf diese Bitte, parkte sein Auto um und verschwand mit seiner Fotoausrüstung die Stufen hinauf.
Eben dieser Mann stand nun in der orthodoxen Kirche und fotografierte und seine Partnerin und Mit-Fotografin fragte Nadja, ob wir nicht zur Zeremonie bleiben wollten.
„Was denn für eine Zeremonie?“, fragte ich Nadja, als sie mir das erzählt. Aber sie konnte es nicht erklären. Die Sprachschwierigkeiten brachten etwas wie „Kommunion“ heraus.


Da wir ja ziemlich neugierig sind, standen wir somit am Rand dieser kleinen Kirche und wussten nicht so richtig, was wohl passieren würde, als nach und nach der Priester und die Gäste eintrudelten.
Mittlerweile kam ich mit den Fotografen ins Gespräch und wie das unter Fotografen üblich ist (man erkennt und taxiert sich anhand der Ausrüstung – ist ein wenig, wie zwei Revolverhelden, die sich gegenüberstehen und die Waffen interessiert beäugen) zeigte er mir die besten Ausblicke und Perspektiven.
Und erzählte, dass diese kleine Kirche völlig verwahrlost war und quasi keine Kirchengemeinde existierte als der neue Priester vor 15 Jahren seinen Dienst antrat.
So hat der neue Pfarrer die Kirche erst einmal renoviert und dann komplett eigenhändig ausgemalt.
Mit diesem Wissen sieht man sich die Bilder mit ganz anderen Augen an. Dieser Mann schaffte es dann, junge und alte Menschen zu begeistern und nun lebt die Gemeinde und feiert heute – eine Taufe.

Eine Taufe?

Taufe in Rumänien


Denn plötzlich tauchte eine junge Frau mit einem Baby auf (wir nehmen an, es ist die Taufpatin ist) und zusammen mit einem Mann wurde sie und das Kind an der Eingangspforte gesegnet. Von der Eingangstür ging es mit vielen Gebeten in den Innenraum, das Kind wird ausgekleidet und dann getauft.
Dazu wurde viel rezitiert und gebetet.

Nadja und ich wurden immer nervöser.
Hatten wir uns zu Beginn doch Plätze gesucht, um nicht aufzufallen und im Weg zu stehen, als alles zur Pforte ausgerichtet war, standen wir im Laufe des Gottesdienstes mittendrin und den Gästen im Weg.
Am liebsten wären wir im Erdboden versunken und Nadja wollte sich sogar zurückziehen und setzen, aber die eine Frau schob sie wieder nach vorne und zeigte „Guck“. Eine andere Frau hat mich eher nach vorne geschoben und gezeigt, dass ich Bilder machen sollte.

Da hatte ich das Gefühl, die Menschen waren stolz, dass wir als Gäste dabei waren!

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Das Baby wird bei der Taufe komplett unter Wasser getaucht und anschließend vielfach gesalbt und gesegnet. Wobei das kleine Mädchen während der ganzen Zeremonie nicht ein einziges Mal weinte, schrie oder jammerte. Mit großen Augen lag sie still und ganz lieb vor uns.
Wirklich erstaunlich.
Und irgendwie war es dann auch unser Baby und unsere Familie.
Orthodox oder nicht.
Dass wir den einen Gott anbeteten, wurde mir bewusst, als so etwas wie das Vater Unser oder Glaubensbekenntnis gesprochen wurde.
Natürlich kannten wir die Worte nicht, aber die Bedeutung war sofort klar. Warum auch immer fühlten wir uns mit diesem kleinen Mensch und seiner Familie plötzlich verbunden.

Als wir später die Kirche verließen, wurden wir uns erst bewusst, dass wir wieder einmal etwas Außergewöhnliches erlebt hatten.
Die Fotografin unterhielt sich noch ein wenig mit uns und gab uns das Gefühl willkommen gewesen zu sein.

Râpa Roșie

Ganz in der Nähe von Alpa lulia / Karlsburg liegt eine sehenswerte Felsformation, die wir uns anschließend noch anschauen wollten.
Einzig die Regenfälle der letzten Tage machten den Weg dorthin etwas schwierig und so wurde unser Sternchen zum Off-Road-Wohnmobil.
Für Notfälle habe ich Sandbleche dabei, aber der Matsch war zum Teil wirklich tief und an manchen Stellen ging es nur nach dem Motto: Augen zu und durch. Solltet ihr dort hin fahren wollen und es vorher viel geregnet haben, schaut euch erst mal den Weg an.

Augen-zu-und-durch

Dafür ist die Wanderung zu den Felsen Râpa Roșie dann wirklich ein Erlebnis und der kurze Clip gibt euch einen guten Eindruck von den Felsen.

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Da die Stadt uns nichts mehr zu bieten hatte und es noch früh am Nachmittag war, entschlossen wir uns direkt nach Hermannstadt zu fahren. Dort gibt es in Michelsberg (noch) den Campingplatz ‚Ananas‘, der uns von unserer Freundin Anca, die mit Burgreisen.eu Gruppenreisen mit dem Wohnmobil anbietet, wärmstens empfohlen wurde.

Teil 4 führt uns ins Freilichtmuseum nach Hermannstadt

Rumänien-Roadtrip Inhaltsverzeichnis:
Teil 1 : Temeswar
Teil 2 : Die Burg von Eisenmarkt und die mystischen Daker
Teil 3 : In Karlsburg eine orthodoxe Taufe
Teil 4 : Im Freilichtmuseum Rumänien 
Teil 5 : Hermannstadt
Teil 6 : Verschneite Pässe und Hobbits
Teil 7 : Lustig ist das Zigeunerleben
Teil 8 : Biertan und Malmkrog, erste Kirchenburgen
Teil 9 : Schäßburg ohne Dracula
Teil 10: Die mutigen Frauen von Deutsch-Weißkirch
Teil 11: Besuch bei Königin Maria
Teil 12: So schön ist kein anderes Schloss
Teil 13: AKTIVE VULKANE
Teil 14: ich schick dich in die Walachei!
Teil 15: Prejmer und das Weltkulturerbe
Teil 16: Traumberuf Burghüter
Teil 17: Die Bären sind los
Teil 18: Absturz in der Bicaz Schlucht
Teil 19: Voronet in der Bukowina 
Teil 20: Sucovita, Moldovita und die längste Seilbahn Rumäniens
Teil 21: Alt und Neu in Maramures 
Teil 22: Kann ein Friedhof fröhlich sein?
Teil 23: Fakten und Fazit: Lohnt eine Reise nach Rumänien?

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